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Fußball: In Ell sind die Frauen die Stars

par Philippe Jaaques

Die Frauen und Mädchen erhalten beim ehemaligen Meister SC Ell ungewöhnlich viel Unterstützung. Das macht sich in dieser Saison bezahlt.

Als die Frauenmannschaft des SC Ell ihren größten Erfolg feierte, war Jill de Bruyn schon dabei. 2014 holten die Fußballerinnen den Meistertitel. Und die Nationalspielerin erinnert sich gerne an diesen besonderen Moment. „Dass so ein kleiner Dorfverein Geschichte im Luxemburger Frauenfußball geschrieben hat, war einfach genial. Niemand aus der Mannschaft wird das je vergessen“, sagt de Bruyn lächelnd.

Die heute 27-Jährige ist ihrem Team noch immer treu. Sie ist mittlerweile Kapitänin und hat in ihrer zwölften Saison im Club viel Freude an ihrer Mannschaft. Dabei sind die Frauen aus der Gemeinde im Westen Luxemburgs schon eine Weile keine Meisterschaftsfavoriten mehr. Doch in der aktuellen Spielzeit sind sie so stark wie lange nicht. Offensivspielerin de Bruyn geht mit gutem Beispiel voran. 16 Treffer hat die Toptorschützin der Mannschaft in zehn Spielen bereits erzielt.

„Wir haben bisher eine wirklich gute Saison gespielt“, sagt sie. Der 2:0-Erfolg am vergangenen Samstag bei Young Boys Diekirch war der sechste Sieg. In der Tabelle ist Ell derzeit Fünfter. Vor der Corona-Pause im Herbst sah es sogar noch besser aus. Zu Hause ist das Team noch ungeschlagen.

So manche Durststrecke

Das sorgt für Optimismus, nachdem die Mannschaft in der jüngeren Vergangenheit so manche Durststrecke bewältigen musste und zeitweise ins untere Mittelfeld des Klassements abgerutscht war. Nach der gewonnenen Meisterschaft hörten routinierte Spielerinnen auf, Verletzungspech sorgte zudem für Personalmangel. „Es gab einen Generationswechsel“, erklärt de Bruyn die schwierigeren Zeiten. „Jetzt haben wir eine relativ junge Mannschaft. Hinsichtlich der technischen Qualität haben wir uns verbessert.“

Ein Großteil der Spielerinnen ist jünger als 20 Jahre, viele davon sind Eigengewächse. Der Verein hat sich in den vergangenen Jahren stark im Jugendbereich engagiert und (teils als Entente Jeunesse Atertdaul) mehrfach die Jeunes-Filles-Meisterschaft gewonnen. „Wir profitieren jetzt von dieser Arbeit“, sagt Trainer Paul Wilwerding.

Nicht nur davon. Es ist auch das Umfeld, das dem Frauen- und Mädchenfußball in Ell besonders guttut. „Wir erhalten viel Unterstützung“, sagt Joyce Zinelli, die wie de Bruyn maßgeblichen Anteil an den bisherigen zwei Titelgewinnen, dem Pokalsieg 2012 und der Meisterschaft 2014 hatte.

„Als wir Meister wurden, war niemand mehr in Ell, weil alle Einwohner zum entscheidenden Auswärtsspiel nach Niederkorn gefahren waren“, berichtet sie. Ell zog auch 2014 und 2018 ins Pokalfinale ein. Immer waren die Anhänger zahlreich und lautstark vor Ort, gefeiert wurde trotz Niederlagen.

Die Frauen können sich auf ihren Club verlassen. Auch in Zeiten, in denen es nicht gut läuft. „Wenn man den Kopf hängen lässt, motivieren einen die Leute sofort“, so Zinelli.

Der besondere Zusammenhalt in Ell ist mit ein Grund, warum die frühere Kapitänin in dieser Saison nach einer Auszeit wieder in die Mannschaft zurückgekehrt ist. „Nach all den Jahren mit vielen Trainings und Spielen habe ich etwas Abstand vom Fußball gebraucht. Aber ich habe gemerkt, dass mir etwas fehlte“, meint die 27-Jährige.

„In den meisten Vereinen haben die Männer Priorität. Aber in Ell steht der Club hinter der Frauenmannschaft. Das sieht man an der Unterstützung der Zuschauer, am Material, an unseren Trainingslagern und an allem, was für die Frauen und Mädchen organisiert wird“, so de Bruyn.

„Bei uns sind die Frauen den Männern gleichgestellt“, betont auch Trainer Wilwerding. Er ist selbst ein Garant für die Entwicklung des Frauenfußballs in Ell. Seit der Gründung der Frauenmannschaft 2005 ist er involviert. Er bestreitet seine 14. Saison als Coach und ist der dienstälteste Trainer der Liga. Meister-Spielerin Isabelle Kruchten ist seine Assistentin.

Die Auslandstransfers sind immer mehr geworden. Im Frauenfußball ist jetzt Geld im Spiel.

Paul Wilwerding

Die wichtige Rolle, die die Frauen in der jüngeren Clubgeschichte spielen, zeigt sich auch im Jubiläumsbuch zum 50. Vereinsgeburtstag 2021, berichtet Wilwerding: „Auf den Fotos sieht man den großen Aufschwung, seit die Frauenmannschaft dazu kam.“

Das aktuelle Team engagiert sich dafür, dass es auch in Zukunft so weitergeht – angeführt von de Bruyn und Zinelli. „Die beiden überzeugen nicht nur mit ihren Leistungen auf dem Fußballfeld, sondern sind auch sehr beliebt bei den jungen Mädchen. Sie kümmern sich um viele Dinge“, lobt der Trainer. „Wir verstehen uns alle sehr gut. Die jüngeren Spielerinnen nehmen unsere Ratschläge auch an. Das ist einfach schön. Es ist ein Miteinander und macht richtig Spaß“, meint Zinelli.

Verletzungspech

In die aktuelle Saison ist das Team aufgrund der jungen Eigengewächse sowie einiger Neuzugänge mit einem größeren Kader gestartet als in den Vorjahren. Mit Logane Wegnez ist zudem eine weitere routinierte Spielerin aus dem Meisterteam nach längerer studienbedingter Abwesenheit zurückgekehrt.

„Wir haben momentan eine sehr gute Mischung“, sagt Wilwerding. So sind Ausfälle etwas besser zu verkraften. Denn Verletzungspech hat die Mannschaft auch diesmal, unter anderem erlitt die starke Bruna Neto vor Kurzem einen Kreuzbandriss.

Ell kann wieder weiter oben mitspielen als in den Saisons zuvor. Doch ob noch einmal ein Meistertitel möglich ist? Sehr wahrscheinlich ist es nicht. Die Topteams des Luxemburger Frauenfußballs, vor allem Tabellenführer Racing, haben aufgerüstet. „Die Auslandstransfers sind immer mehr geworden. Im Frauenfußball ist jetzt Geld im Spiel. Das war früher nicht so“, sagt Wilwerding. Trotzdem sind Titelträume auch beim Dorfverein erlaubt: „Es ist schwierig, aber nicht unmöglich.“

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